Mix

Eine Serie von purer Malerei vor allem in Öl auf Leinwand.

Aus dem Vorwort von Dr. Michael Wimmer, EDUCULT, im Katalog horizontal-vertikal:

Horizontal Vertikal

"Die Eigenständigkeit der Malerei gegenüber der herkömmlichen Wirklichkeit vor Augen zu führen, ist ein wesentlicher Antrieb künstlerischer Produktion. Georg Baselitz etwa stellt seine Bilder mit zum Teil sehr realistischen Darstellungen auf den Kopf, um auf diese Weise den Bildgegenstand gegenstandslos und damit abstrakt zu machen.

Diese Assoziation kam mir, als ich zum ersten Mal die in diesem Katalog versammelten Arbeiten von Renate Polzer sah und sie mich einlud, sie mir auch um neunzig Grad gedreht anzusehen. Und was ich sah, das waren vielfach gebrochene Realitäten, zum Teil in mehreren Schichten übermalt. Und was mich besonders erstaunte, das war der Umstand, dass die Arbeiten auf faszinierende Weise sehr unterschiedliche Realitäten zu suggerieren vermochten, je nach dem, ob ich sie vertikal stehend oder horizontal liegend betrachtete.

Der Schweizer Hermann Rorschach entwickelte einen Test für klinische Zwecke in der diagnostischen Psychopathologie. Mit Hilfe scheinbar zufällig entstandender Tintenklekse werden Patienten eingeladen, ihren Assoziationen freien Lauf zu lassen. Rorschach, der ursprünglich Künstler werden wollte, gelang es mit diesen Kleksen, den vorsprachlichen emotionalen Erfahrungen der BetrachterInnen eine ästhetische Ausdrucksform zu geben, diese mit Bedeutung aufzuladen und so Verständigung möglich zu machen.

Polzer geht als Künstlerin einen Schritt weiter. Auch wenn ihre Kompositionen keinem vorgefertigten Konzept entsprechen, so macht sie doch dem Betrachter/der Betrachterin ein formal durchgearbeitetes Angebot, zum Teil anhand ganzer Serien, ihre künstlerische Arbeit fortzusetzen und mit ihren je eigenen Vorstellungen zu vollenden. In dem Maße, in dem diese Vorstellungen unterschiedlichen Erfahrungen entsprechen, werden damit die Arbeiten als Ausdruck einer Kommunikation zwischen der Produzentin Renate Polzer und den RezipientInnen – auf immer neue Weise einzigartig und unverwechselbar.

Eine Reihe von Arbeiten von Renate Polzer wurde zuletzt in einer Ausstellung an der Pädagogischen Hochschule in Wien unter dem etwas verfänglichen Titel „Körperlandschaften „ gezeigt. Manche der Bildinhalte erlauben in der Tat Assoziationen zu menschlicher Körperlichkeit; und doch – sie darauf zu reduzieren hieße, Renate Polzers Bilder bequem, weil ausschließlich mit einem verengten Blick, der sich aus massenmedialer Zurechtrichtung ergibt, wahrzunehmen. Verfehlt würde damit freilich die Chance, einen je eigenen Blick zu entwickeln, der über gängige Klischees hinauszuweisen vermag und überhaupt erst verständlich macht, warum wir Kunstwerke betrachten und welche individuelle Vielfalt wir dabei nicht nur im Schaffen von KünstlerInnen sondern auch in uns selbst entdecken.

Renate Polzer macht uns ein Angebot: Dinge nicht nur so, also z.B. horizontal sondern auch anders, z.B. vertikal zu sehen. Es bleibt dasselbe Ding und erzeugt doch etwas ganz anderes in uns; wie die Realitäten um und in uns, je nach dem, von welcher Seite wir sie betrachten.

Renate Polzer arbeitet gerne mit anderen KünstlerInnen auch in anderen Ländern, ja anderen Erdteilen und sie arbeitet gerne mit jungen Menschen, um sie spielerisch mit den eigenen Gestaltungsfähigkeiten vertraut zu machen.


Diese Qualitäten sieht man den Bildern an: Sie sind der Ausdruck einer vielfältigen Kommunikation, die alle Beteiligten potentiell zu bereichern vermag. In diesem Sinn wünsche ich dieser hintergründigen Künstlerin den verdienten künstlerischen Erfolg und darüber hinaus Interpretationen ihrer Arbeiten, die sie zu überraschen vermögen."

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